Die Nutzung mariner Ressourcen findet bereits in intensiver Form im Kontext der Erzeugung von Energie sowie der Produktion mariner Biomasse in Aquakulturanlagen statt. Die maritime Energiegewinnung fokussiert sich dabei deutlich auf die Offshore-Windkraft, welche als etablierte Technologie bereits großflächig zum Einsatz kommt und als regenerative Energiequelle einen wichtigen und langfristigen Ersatz für fossile Energieträger repräsentiert.
Die marine Aquakultur kann besonders im Kontext einer stetig wachsenden Weltbevölkerung wichtige Beiträge zur Nahrungsmittelversorgung leisten. Wie bei allen meerestechnischen Technologien gibt es auch bei der Aquakultur eine Vielzahl naturwissenschaftlicher Herausforderungen, speziell im Hinblick auf die kurz- und langfristigen ökologischen Auswirkungen, hervorgerufen durch die Interaktion zwischen Umwelt und dem durch den Menschen verursachten Eingriff. Am Beispiel der Aquakultur wird sehr schnell ersichtlich, wie umfassend eine nachhaltige Nutzung im Zusammenspiel von Technik, Ökonomie und Ökologie betrachtet und analysiert werden muss. Aquakulturanlagen werden in offenen Systemen mit wirtschaftsrelevanten Fischarten, Schalentieren oder Algen betrieben, entweder einzeln oder in integrierten Systemen. Neben der Nahrungsmittelproduktion werden diese Organismen für die Herstellung von Nahrungsergänzungs- und Düngemitteln, zur Energiegewinnung (Biofuel) sowie zur Produktion medizinisch und pharmazeutisch wirksamer Substanzen gezüchtet. Momentan gibt es weltweit starke Bestrebungen, diese Anlagen auch in weiter von der Küste entfernten Offshore-Gebieten einzusetzen.
Bereits heute kommt etwa die Hälfte der weltweit produzierten Fische und Muscheln etc. aus bestehenden, meist küstennahen Aquakulturanlagen. Das Wachstum durch die Errichtung von Offshore-Aquakulturanlagen wird auf ein 100-faches der jetzigen Produktion geschätzt. Diese Zahlen zeigen auf eindrucksvolle Weise das Potenzial der Offshore-Aquakultur für die Lösung des weltweiten Nahrungsmittelproblems.
Dr. Daniel Stepputtis
Thünen-Institut für Ostseefischerei (TI)
Alter Hafen Süd 2
18069 Rostock
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Da küstennahe Bereiche zunehmend ausgelastet sind, werden künftige Anlagen größtenteils im Offshore-Bereich und somit unter deutlich anspruchsvolleren Umweltbedingungen eingesetzt. Diese neuen Einsatzgebiete stellen für die Meerestechnik eine enorme Herausforderung dar. Ein wesentlicher weiterer Entwicklungstreiber der Branche ist der verstärkte Einsatz mobiler, autonomer Systeme. Autonome, mobile Near- und Offshore-Aquakulturanlagen, welche ständig in Bewegung sind und durch die Haltung unterschiedlicher Arten eine höhere Resilienz als bisher genutzte Systeme aufweisen, können hierbei das Aquakultur-System der Zukunft darstellen. Dafür notwendige Technologieentwicklungen werden vorbereitend durch die initialen Projekte OTC-smartFishing und OTC-Marikultur während der ersten Förderphase bereitgestellt.
Im Projekt wird die Entwicklung eines robusten Unterwasser-Kamerasystems mit KI-gestützter Bilderkennung für die Detektion und Klassifikation von marinen Organismen verfolgt. Die Lösung wird zunächst prototypisch, mit dem mittelfristigen Ziel der Integration eines solchen Systems in kommerzielle Fischerei-Schleppnetze, entwickelt. Diese Integration eröffnet grundlegend neue Möglichkeiten der Fischereiforschung und Fischerei. So können durch eine intelligente KI-gestützte Klassifikation unerwünschte Beifänge gezielt vermieden werden, der Fischbestand in Hinblick auf Größe, Art und Gesundheitszustand für die Fischereiforschung erfasst werden und das Verständnis der Ökosysteme und Fanggründe, durch räumlich und zeitlich hochaufgelöste Datenerfassung direkt im Netz, vertieft werden. Die Erarbeitung einer Regelbasis für die allgemeine Erkennung von Fischarten durch KI schafft zudem die Möglichkeit für das Anlernen weiterer Arten in anderen Seegebieten.
Die beschriebene technische Lösung ist aktuell nicht kommerziell erhältlich. Für mehrere Projekte und Vorhaben innerhalb des Zukunftsclusters besteht jedoch ein klarer technologischer Bedarf. Eine solche Entwicklung würde durch die hohe Relevanz für wissenschaftliche und kommerzielle Anwender die Leistungsfähigkeit und auch die Technologieführerschaft des Clusters in diesem Segment deutlich machen.
Dr. Daniel Stepputtis
Projektleitung, Thünen-Institut für Ostseefischerei (TI)
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Dr.-Ing.
Tim Dolereit
Projektkoordinator
Fraunhofer IGD
Joachim-Jungius-Str. 11
18059 Rostock
+49 381 4024 171
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Das Projekt zielt auf drei wesentliche Punkte ab, die die Verbreitung von Marikulturanlagen in Europa und speziell in Deutschland aktuell noch deutlich einschränken:
Auf Grundlage umfassender Sensorik und des Konzepts des Digital Twins für die Aquakulturanlage inklusive ihrer räumlichen Umgebung sollen diese Aspekte über das Projekt adressiert werden. Ergänzend dazu werden Mikrobiomuntersuchungen herangezogen, um Aspekte der Fischgesundheit zu bewerten sowie Vergleiche zwischen den Fischen in der Aquakultur sowie Fischen außerhalb des Netzkäfigs ziehen zu können. Die Arbeiten beschränken sich auf die Aspekte der Sensorik und Analytik, der Datenauswertung sowie der datengetriebenen Automatisierung beim Betrieb der Anlage. Der Aufbau einer neuen Marikulturanlage ist nicht erforderlich, da über den Projektpartner LFA MV Zugriff auf eine Bestandsanlage in der Ostsee westlich von Rostock besteht.
Das Projekt adressiert biogene Wertschöpfung aus dem Meer und damit primär das Zukunftsfeld „Sustainable Ocean Use“. Daneben gibt es insbesondere Schnittmengen mit den Innovationsfeldern „Digital Mission“ sowie „Ocean Lense“ und „Subsea Mobility & Autonomy“.