Hannah Schartmann

Fischereibiologie

Fischereibiologie: Perlen für den Artenschutz

Hannah Schartmann

Nachwuchswissenschaftlerin und Promovendin am Thünen-Institut für Ostseefischerei Rostock

Werdegang

Studium der Biologie (BA) in Kiel und Meeresbiologie (MA) in Rostock | Wissenschaftliche Mitarbeiterin Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde, Arbeitsgruppe Meeresnaturschutz und Meeresplanung | Praktikum Sea Watch Foundation Wales UK | Projektleiterin „Klimawandel vor der Haustür“ (Bündnis 90/ Die Grünen Geschäftsstelle Rostock) | seit Februar 2022 Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promovendin an Thünen-Institut für Ostseefischerei Rostock im Projekt Stellnetz-Fischerei Lösungsansätze (STELLA2)

Welche Aufgaben bearbeitest du?

Stellnetze sind weltweit die in der Fischerei am häufigsten eingesetzten Netze. Sie schonen im Vergleich zu Schleppnetzen den Meeresboden, ihre Maschengröße kann selektiv an verschiedene Fischarten angepasst werden und sie lassen sich einfach handhaben. Leider verfangen sich in ihnen viele Seevögel und Meeressäugetiere. Unser Ziel ist es, diesen  Beifang deutlich zu reduzieren. Im Projekt STELLA2 liegt unser Fokus auf Schweinswalen, die das dünne Nylongarn der Netze nicht erkennen und sich deshalb darin verfangen. Ich arbeite daran, die Netze technisch so zu modifizieren, dass sie für die Echoortung der Tiere akustisch wahrnehmbar sind.

Wie sieht dein Arbeitstag aus?

Meine Arbeit besteht aus zwei Bereichen: Büroarbeit und Feldversuche. Am Schreibtisch recherchiere ich Fachliteratur und im Team entwickeln wir die Fragestellung und planen Feldversuche. In unserer Arbeitsgruppe führen wir am Rechner Simulationen durch und entwickeln optimale Reflektoren. Am besten erfüllen unsere Acrylglaskugeln mit einem Durchmesser von 8 mm unsere Kriterien.

Der nächste Schritt ist das Testen des modifizierten Fischernetzes im Meer: Ist unser Perlen-Netz schwieriger zu handhaben als ein herkömmliches Netz? Verheddert es sich? Halten die Perlen? Bringt das Netz den gleichen Ertrag an Fischmenge und -gewicht? Dafür sind wir mit den Fischern rausgefahren und haben den Fang sehr genau dokumentiert – welche Arten wurden gefangen, wie schwer und groß waren die gefangenen Fische. Wir haben auch weitere Umweltparameter erhoben wie den Sauerstoffgehalt des Wassers, die Tiefe der gestellten Netze, die Windgeschwindigkeit und -richtung.

Zurück am Schreibtisch digitalisieren wir die Beobachtungen, werten sie aus und prüfen, ob es statistisch signifikante Unterschiede gibt. Die Ergebnisse sind bis jetzt sehr vielversprechend. Im Anschluss schreiben wir wissenschaftliche Publikationen, um unsere Daten zu veröffentlichen.

Was macht Dir am meisten Spaß an Deiner Arbeit?

Besonders spannend finde ich die praktische Arbeit. Aufs Meer rauszufahren macht mir am meisten Spaß. Ich fand es schon als Kind total faszinierend, wie viele Meeresbewohner es gibt und wie sie sich an ihre Umgebung anpassen. Ich habe aber auch schnell gemerkt, dass es den Meeren mit der Erwärmung, dem Artensterben, der Verschmutzung und dem Plastikmüll nicht gut geht. Deshalb möchte ich zu einer nachhaltigen Nutzung der Meere beitragen. Und nun habe ich das Gefühl, dass ich mit den alternativen Fangtechniken in der Fischerei tatsächlich etwas bewirke und helfe, die Artenvielfalt zu erhalten. Darin sehe ich den Sinn meiner Arbeit.

Wie trägt Deine Arbeit zur Nachhaltigkeit bei?

Sich in Fischernetzen zu verfangen, ist eine der häufigsten Todesursachen für Meeressäugetiere. Aber der Fischfang ist weltweit auch eine der wichtigsten Ernährungsquellen und v. a. im globalen Süden, aber auch hier an der deutschen Ostsee hat die Küstenfischerei mit ihren Stellnetzen eine große Bedeutung. Mein Projekt trägt dazu bei, Fischerei und den Meeresnaturschutz in Einklang zu bringen. Für eine nachhaltige Fischerei muss die Fangtechnik so verändert werden, dass nur der Fisch gefangen wird, der anschließend auch verwertet wird, aber nicht die Tiere, die nicht gefangen werden sollen wie andere Fischarten, Säugetiere, Vögel und Schildkröten. Viele Tiere, die beigefangen werden, sind bereits vom Aussterben bedroht und stehen auf der roten Liste. Mein Projekt konzentriert sich auf Schweinswale, aber die Ergebnisse lassen sich auf andere Wal- und Delfinarten übertragen, sodass unsere Methode weltweit einsetzbar ist.

Was würdest Du anderen raten, die sich für Ozeantechnologie interessieren?

Macht das, was Euch Spaß macht und wofür ihr Euch begeistern könnt. Leidenschaft ist in diesem Bereich wichtig. Und versucht, bereits während des Studiums in viele Bereiche hinein zu schnuppern und Kontakte zu knüpfen, z. B. über Praktika.

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