Dr. Christiane Hassenrück

Bioinformatik

Bioinformatik – Multitasking und Gespräche statt Hacker im Dunkeln

Dr. Christiane Hassenrück

Wissenschaftlerin am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde

Werdegang

Biologiestudium in Leipzig (Bachelor) und Oldenburg (Master) sowie Meeresbiologie in Australien | Dissertation über die Auswirkungen der Ozeanversauerung auf mikrobielles Leben am Max-Planck-Institut (MPI) für Marine Mikrobiologie in Bremen bei Prof. Dr. Antje Boetius | Post-Doc am MPI, am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) sowie am Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (MARUM) der Universität Bremen und des GeoGenetics Labors der Universität Kopenhagen | seit Juni 2021 als Senior-Wissenschaftlerin am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW).

Welche Aufgaben bearbeitest du?

In einer Sediment- oder Wasserprobe befinden sich tausende Organismen – Bakterien, Algen und Phytoplankton. Wie viele genau, kann niemand sagen. DNA-Sequenzen dienen hier als Hilfsmittel, um die Anzahl abzuschätzen. Solche DNA-Sequenzdaten liefern wir im Projekt „OTC-Genomics“ und ich bin für deren Aufbereitung für die wissenschaftliche Analyse zuständig. Dabei habe ich es mit riesigen Datenmengen zu tun. Aktuell betreue ich zehn bis 15 aktive Sequenzier-Projekte und berate andere Arbeitsgruppen bei der statistischen Datenauswertung. Darüber hinaus liegt der Schwerpunkt meiner eigenen Forschung auf data mining (Wiederbenutzung vorhandener Datensätze in einem neuen Kontext). Mit Mitteln der Bioinformatik und Statistik lassen sich aus vorhandenen Datensätzen neue Querverbindungen gewinnen. Hierfür programmiere ich Arbeitsabläufe für die automatische Sequenzprozessierung.

Wie sieht dein Arbeitstag aus?

Die Datensätze, mit denen ich arbeite, liegen im Terabyte-Bereich. Für die Auswertung benötigen die Server mehrere Wochen. In der Zwischenzeit bearbeite ich die anderen Projekte, schreibe und dokumentiere Computer-Codes und tausche mich mit vielen Menschen aus. Tatsächlich bin ich aufgrund meiner Beratungstätigkeit oft mehrere Stunden am Tag in Gesprächen mit Mitarbeitenden aus Partnerprojekten und Studierenden. Zu einer wissenschaftlichen Tätigkeit gehört es auch zu publizieren, an Konferenzen teilzunehmen und das eigene Netzwerk zu pflegen. Einen großen Teil macht auch die Literaturrecherche aus, um in einem so schnelllebigen Feld wie der Bioinformatik auf dem neuesten Stand zu bleiben.

Was macht Dir am meisten Spaß an Deiner Arbeit?

Am meisten Spaß macht es mir, mein Wissen und meine Begeisterung für Daten weiterzugeben und anderen zu helfen, mit Statistik bei ihrer Fragestellung voranzukommen. Ich sehe es als Privileg an, so viele Menschen und unterschiedliche Projekte kennen zu lernen. So habe ich die Möglichkeit, Methoden in einen thematisch komplett anderen Zusammenhang zu transferieren und durch diese Bandbreite Querverbindungen zu sehen, die in den einzelnen Projekten nicht auffallen.

Außerdem ist Datenknobeln mein Hobby. Ich liebe ich es, mir Gedanken zu machen, wie ich an eine Sache herangehen und eine z. B. biologische Fragestellung in ein programmierbares Problem umsetzen und rechentechnisch lösen kann. Ich wollte immer die Möglichkeit haben weiter zu lernen. Die Wissenschaft ist ideal, um sich fachlich und charakterlich stetig weiter zu entwickeln. Auch war mir immer der gesellschaftliche Bezug wichtig, also Themen wie der Klimawandel oder der Einfluss der Menschen auf die Umwelt. Ich habe die Freiheit, an dem zu forschen, was mich am meisten interessiert. Das gefällt mir.

Wie trägt Deine Arbeit zur Nachhaltigkeit bei?

Indem wir vorhandene Datensätze aus anderen Projekten oder öffentlichen Archiven unter anderen Blickwinkeln auswerten, generieren wir neue Informationen, ohne selbst Daten erheben zu müssen. Forschungsprojekte werden oft nur für wenige Jahre finanziert, können aber durch Data-Mining auf Langzeitdaten zurückgreifen. So lassen sich neue Aspekte untersuchen, bspw. zu Fragestellungen des Klima- und Umweltschutzes, die erst jetzt offenbar geworden sind. Diese Wieder-Nutzung von Daten steigert den Wert der einzelnen Daten und trägt zur Nachhaltigkeit bei. Kostspielige und ressourcen­intensive Forschungsreisen werden eingespart, wenn ich von meinem Büro aus auf globale Daten z. B. zu Stoffkreisläufen zugreifen kann. So werden Forschungsergebnisse sozusagen zu Mehrweg-Produkten.

Was würdest Du anderen raten, die sich für Ozeantechnologie interessieren?

Habt Mut Euren eigenen Weg zu gehen, auch wenn dieser vom festgelegten Schema abweicht. Bei mir haben einige Dinge anfangs auch nicht so funktioniert, wie ich es mir vorgestellt hatte, aber im Endeffekt ist vieles besser gelaufen als ich es je hätte planen können.

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